Freitag, 25. Februar 2011

"Hemmersmoor" von Stefan Kiesbye


"Hemmersmoor" von Stefan Kiesbye
Tropen bei Klett-Cotta, gebundene Ausgabe
206 Seiten
ISBN: 978-3608502084


Note: 3/5



Kurzbeschreibung:
Ein kleines Dorf im norddeutschen Teufelsmoor, Jahre nach dem Krieg. Eine Kneipe, wo die Alten von Wiedergängern und Irrlichtern reden. Ein Gutshaus, dessen Besitzer die Menschen im Dorf verachten und manipulieren. Eine alte Fabrik, nach der niemand zu fragen wagt. Hier wachsen Christian und seine Freunde auf, in einer verwunschenen Atmosphäre aus Aberglauben, Inzest und Brutalität. Tiefschwarz und erschreckend direkt schildert Stefan Kiesbye das Leben dieser jungen Menschen und des Dorfes. Dabei macht er uns vertraut mit den Abgründen, die hinter jedem Fenster und am Ende jedes Feldweges lauern können.

Rezension:
Dieses Buch habe ich bei vorablesen gewonnen. Aufgrund der dort aufgeführten Leseprobe war ich wirklich sehr gespannt und hab mich riesig auf das Buch gefreut. Nachdem ich es jetzt aber beendet habe bin ich ziemlich enttäuscht. Bei Hemmersmoor habe ich mir definitiv etwas anderes vorgestellt.

Es wird rückblickend die Geschichte einer Gruppe von Jugendlichen. Die Erzählung zieht sich über einige Jahre hinweg, beginnend im Grundschulalter bis sie alle junge Erwachsene sind.
In jedem neuen Kapitel, die auch nur die Vornamen der jeweiligen Protagonisten tragen, wird aus der Sicht eines anderen Charakters erzählt. Welche Zeitabstände zwischen den einzelnen Kapiteln liegen wird oftmals erst nach ein paar Seiten oder gegen Ende des Kapitels klar. Man erfährt so abwechselnd die Hintergründe der Kindheiten von Christian, Martin, Alex, Linde und Anke.
Jeder für sich kämpft mit seinen eigenen Geistern: egal ob Inzest, Mord, familiäre Gewalt, Vergewaltigungen. Nichts bleibt den Kindern erspart, nichts wird dem Leser vorenthalten.

In Hemmersmoor, wo jeder mit jedem verwandt ist, hat jeder schon einmal jemanden ermordet - so kommt es mir als Leser zumindest vor. Jede Familie für sich versucht natürlich, ihre eigenen Dreck unter den Teppich zu kehren, doch steht dabei niemand für irgend jemand anderen ein und jeder ist sich selbst nur der nächste.

Hemmersmoor ist trotz seiner Brutalität nicht blutrünstig, eher erschreckend und zum Nachdenken anregend. Hemmersmoor zeigt die Abgründe der menschlichen Seele - und dies auch schon im Kindesalter.
Das Buch liest sich gut und flüssig, ist spannend geschrieben.
Jedoch hätte es mir besser gefallen, wenn es ein gemeinsames großes Geheimnis gegeben hätte, und nicht jeder seine eigene Geschichte erzählt hätte.
So "verkommt" Hemmersmoor für mich leider zu einer Art Episodenroman mit immer neuen Schrecklichkeiten.

Keine Kommentare: